Wolfgang Baxrainer, Aquarelle und Malkurse Hier erfahren Sie alles, wirklich alles über die Aquarellmalerei - von den Grundlagen bis zu unglaublichen Praxis-Tipps und Tricks

Herbstwald

In meinen Abendkursen malen wir meistens nach Fotos. Als ich vor vielen Jahren erstmals einen Herbstwald als Motiv vorschlug und die TeilnehmerInnen das Bild sahen, ging ein lautes Stöhnen durch die Reihen. Niemand traute sich auch nur im Geringsten zu, dieses Motiv zu bewältigen. Und wie glücklich waren (wiederum alle TeilnehmerInnen), als sie nach gut zwei Stunden ihre gelungenen Bilder einpackten.
Es ist wie so oft: Scheinbar schwierige Dinge lassen sich leicht bewältigen, wenn man nur weiß, wie! 
 

Bitte beachten Sie: 

Der Text zu den einzelnen Schritten der Lektionen ist bewusst sehr knapp gehalten. 
Die hier gezeigte Vorgangsweise ist nur eine Variante von vielen Möglichkeiten. Die verwendeten Farben sind Vorschläge bzw. Anregungen. Entsprechend den Wünschen meiner Kursteilnehmer gehe ich gelegentlich auch ins Detail.
Das können Sie natürlich ignorieren.


Bild vergrößern mit Klick, kann für Übungszwecke auch ausgedruckt werden.

  Für gute Ergebnisse ist es wichtig, alle Erläuterungen genau zu lesen. Alleine nach den Abbildungen zu malen geht garantiert daneben.

  Wenn Sie keinen Aquarellblock verwenden, spannen Sie das Aquarellpapier mit Klebestreifen (Kreppband) auf eine Holzplatte auf. Benutzen Sie gutes Aquarellpapier mit mindestens 300g.
 

Verwendete Farben:

  Reingelb (Ersatz: Zitronengelb, Kadmiumgelb hell)
  Lasurorange
  Siena gebrannt (kein Ersatz) 
  Krapplack (oder ein anderes, dunkles Rot wie z.B. Magenta)
  Phthalogrün (Ersatz: Chromoxydgrün feurig)
  Ultramarinblau (Ersatz Kobaltblau dunkel oder Ultramarin feinst)
  Preußischblau (Ersatz Pariserblau oder Phthaloblau)   


Egal, ob Sie vor Ort oder nach Fotos malen - eine Skizze ist immer empfehlenswert, eigentlich fast zwingend notwendig. Warum? Nun, beim Skizzieren können Sie Fehler machen, radieren, darüberzeichnen, so lange verändern, bis die Skizze für Sie stimmt.
Die Komposition kann korrigiert werden, die Perspektive (Linearperspektive) und die Tonwerte können überprüft und angepasst werden. Wenn Sie all das auf dem Aquarellpapier machen und dabei vielleicht noch radieren, ist auch das beste Papier bald schmutzig und beschädigt. Stimmt aber die Skizze, braucht sie nur mehr auf das Aquarellpapier übertragen werden - notfalls mit einem Hilfsraster. Nebeneffekt: Wenn man sich beim Skizzieren schon mit dem Motiv beschäftigt hat, ist dieses gewissermaßen bereits "im Kopf"...

Auch wenn ich normalerweise ohne Vorzeichnung zu malen beginne - eine Skizze mache ich vorher immer!

Zeichnen Sie nun eine Skizze, nicht größer als eine Postkarte, also etwa 12x15 cm. Zeichnen Sie aber nicht von meiner Skizze ab, sondern vom Foto (kann vergrößert und ausgedruckt werden). Beschwindeln Sie sich nicht selbst.

Zu diesem Motiv:
Bei dieser Skizze ging es mir ausschließlich um die grobe Verteilung der Dunkelheiten, die für ein lockeres Ergebnis gerade bei diesem Motiv unglaublich wichtig sind. Die Anordnung der Bäume habe ich leicht verändert, sie dienen in der Skizze nur dem Zusammenhalt.

 

  Verwenden Sie für die Vorzeichnung keinen zu weichen Bleistift. Ein HB-Stift oder ein Schulstift mit Härtegrad 2 ist meiner Meinung nach ideal. In manchen Büchern kann man lesen, man soll mit weichem Stift vorzeichnen. Ich halte das für nicht gut, da weiche Stifte sehr schmieren und so das Aquarell leicht verschmutzen. Ebenso falsch wäre es, einen zu harten Stift zu verwenden. Da können bei stärkerem Druck kleine "Gräben" entstehen, worin sich dann die Farbpigmente sammeln und so die Linien verstärken. Allerdings gibt es Maler, die genau dies wünschen und daher diese Methode bewusst einsetzen.
Das Ziel sollte sein, ein Aquarell möglichst ohne Vorzeichnung zu malen. Da bei diesem Onlinekurs aber auch viele Neueinsteiger mitmachen, werde ich bei den Lektionen meist sparsame Vorzeichnungen als Orientierungshilfe einsetzen.


Die Skizze habe ich sehr grob auf das Aquarellpapier übertragen, da ich die (groben) Konturen der Dunkelheiten auch nach den ersten Farbaufträgen noch erkennen will. Aus diesem Grund verwendete ich dafür einen Graphitstift (HB oder B1, max. B2) und keinen wasserlöslichen Aquarellstift. Nur erfahrene Aquarellisten können darauf verzichten.

Nun lege ich mit Maskierflüssigkeit einige helle Sonnenstellen an den Stämmen an, zeichne einige wenige feine, sonnenbeschienene Äste sowie einige Lichtflecken in den rechten unteren Bereich. Die Maskierflüssigkeit wird mit einem kleinen, feinen Pinsel oder mit einem Holzstäbchen - noch besser mit einer Bambus-Rohrfeder - vorsichtig aufgetragen, wobei der Pinsel sofort gereinigt werden muss, da er sonst unbrauchbar wird. Mittlerweile gibt es leicht gefärbte Maskierflüssigkeit in praktischen Fläschchen mit feiner Düse ( Schmincke oder das britische Masquepen), die für feine Linien ideal sein sollen. Denn leider patzen sie recht oft...

Zur Maskierflüssigkeit:
Aufgetragene Maskierflüssigkeit (auch "Rubbelkrepp" oder "Abdeckflüssigkeit" genannt) kann im getrockneten Zustand bedenkenlos übermalt werden. Nach dem Trocknen der Farbe kann der Auftrag mit dem Finger oder Radiergummi vorsichtig weggerubbelt werden.
Es gibt Puristen unter den Künstlern, die solche Hilfsmitte rigoros ablehnen. Ich denke aber, dass auch die großen Aquarellisten, wie Dürer oder Turner dieses Medium ganz sicher verwendet hätten, hätten sie es schon zur Verfügung gehabt....
 

  Zu schnell erhält man aber dennoch plumpe, dicke Striche, die dann später im Bild recht befremdlich wirken. Außerdem sollte man dieses Medium nur sparsamst verwenden!

Wenn die Maskierflüssigkeit voll getrocknet ist (keinen Fön verwenden, durch Erhitzen kann die Flüssigkeit leicht klebrig werden) befeuchte ich mit einem großen Flachpinsel (Ziegenhaar?) das gesamte Blatt mit sauberen, klaren Wasser. Überschüssiges Wasser nehme ich wieder mit dem Pinsel ab.
Dies kann auch vorsichtig mit einem Viskoseschwamm (evtl. auch Naturschwamm) geschehen. Gummischwämme sind ungeeignet und verletzen schnell das empfindliche Aquarellpapier.

Das Papier muss wirklich gut durchfeuchtet sein, es sollen sich jedoch keine Wasserlachen bilden.


Jetzt muss sehr schnell gearbeitet werden, solange das Papier noch feucht ist.

Mit einer Mischung aus Pariserblau und Kobaltblau dunkel lege ich nun einige Farbflecke an, dort, wo der Himmel etwas durchscheinen soll. Vorzugsweise im oberen Bereich. Dabei halte ich mich nicht sklavisch an die Fotovorlage - diese diente ausschließlich der Inspiration.

Sofort trage ich Gelbtöne und Orangetöne - teils unvermischt - auf das noch nasse Papier auf. Wo Gelb und Blau aufeinander treffen und leicht verfließen, entsteht ein zartes Grün. Ich achte aber darauf, dass sich Blau und Orange nicht überdecken, da sonst graue Flecken entstehen und das Leuchten verloren geht.

Der Farbauftrag muss zwar lasierend (also durchscheinend), darf aber ruhig kräftig sein. Haben Sie Mut! Später, beim Trocknen werden die Farben dann sowieso wieder blasser.

Da das alles sehr schnell gehen muss, verwende ich einen großen Flachpinsel. Diese Aktion sollte nicht länger als 3 bis maximal 5 Minuten dauern, da ansonsten das Papier trocknet und keine weichen Farbübergänge mehr möglich sind. Für ungeübte ist es daher ratsam, die Farben vorher anzumischen.

Mit einem zusammengefalteten Papiertaschentuch sauge ich anschließend etwas Farbe aus den Baumstämmen.
 


Bevor das Blatt endgültig trocknet, spritze ich nun noch einige dunklere Farbtöne (Siena gebrannt und Grün, gemischt aus Siena gebrannt und Phthalogrün) in die noch nasse Fläche, so dass die Spritzer leicht verlaufen.

Dazu klopfe ich mit kurzen, sehr harten Schlägen des Zeigefingers auf den Pinselstiel und bewege meine Hand gleichzeitig etwas zurück. Je nach Pinselgröße werden auch die Spritzer unterschiedlich.
Das erfordern natürlich relativ viel Übung - bei diesem Motiv kann aber nicht viel passieren.

Zu viel soll aber auch hier nicht gespritzt werden!

Nun sollte Ihr Blatt so ähnlich wie die Abbildung rechts aussehen.

Lassen Sie das Bild nun vollständig trocknen.


Jetzt wird wieder gespritzt! Mit unterschiedlichen Pinselgrößen und unterschiedlichen (Herbst-)Farben wie wässeriges Lasurorange, Reingelb, auch dunkleres Grün, gemischt aus Siena gebrannt und Phthalogrün, sowie Siena gebrannt mit Krapplack. Den Weg lasse ich weitgehend hell.


Trick 1: Ich spritze den oberen Bereich vorzugsweise von außen nach innen, fange also bereits vor dem Papierrand zu spritzen an.
Trick 2: Bevor die Spritzer ganz trocken sind, spritze ich nochmals mit klarem Wasser über einige Bereiche. Auch mit einem Pinsel und klarem Wasser kann man etwas nachhelfen. Dadurch verwässern manche Spritzer leicht, was einen besonderen Effekt bringt.

Allerdings: Das "richtige" Spritzen sieht leichter aus als es ist. Da hilft nur Übung.


Lassen Sie das Bild nun nochmals vollständig trocknen.

Mit einer Grün- Mischung aus Phthalogrün mit Siena gebrannt, die mit Preußischblau noch abgedunkelt werden kann, male ich nun den hinteren, dunklen Bereich. Nach oben hin helle ich die Farbe mit Wasser auf, so dass ein weicher, aber unregelmäßiger Übergang entsteht. Achten Sie auf die harten, ausgebeulten Farbränder auf der rechten Seite. Dadurch kommen später helle, sonnenbeschienene Blätter zur Geltung. Das ist wichtig, da beim Aquarell Helligkeit und Leuchten nur durch angrenzende Dunkelheit erzielt werden kann.

Wichtig bei den dunklen Farbtönen ist, dass sie nicht stumpf und tot sind. Dies erreicht man, wenn man sie (wie oben) aus wenigen Farben mischt. Vermeiden Sie unbedingt, schmutzige Restfarben auf der Palette für solche Mischungen zu verwenden.

Mit einem nicht zu kleinen Rundpinsel male ich nun mit verschiedenen Grüntönen einige unregelmäßige, zusammenhängende Flecken in die Bereiche, die ich schon bei der Tonwertskizze dafür vorgesehen habe. Dabei male ich ganz bewusst auch an bzw. über die mit Maskierflüssigkeit bearbeiteten Baumstämme und Äste, damit dann später auch der Kontrast gut zu sehen ist.


Mit einem helleren Grünton (aufgehellt mit Reingelb) gestalte ich die Wegränder, wobei ich auf der rechten Seite auch einige helle Blautöne (wässeriges Kobaltblau oder auch Bergblau) anbringe.
Dieses helle Blau tritt - wenn es trocken ist - stark zurück .


Nun kommt der für mich lustigste Teil bei diesem Bild: Das Einsetzen der Baumstämme und der Äste.

Für die Stämme im hinteren Bereich verwende ich eine Grau-Mischung aus Preußischblau und Siena gebrannt, mit Wasser aufgehellt. Das darf nicht zu dunkel werden, da diese Teile sonst in den Vordergrund drängen würden (siehe "Luftperspektive").

Wichtig dabei ist, dass die Stämme nicht durchgezogen werden, sondern aus durchbrochenen Strichen unterschiedlicher Stärke bestehen. Ich achte auch darauf, dass die Striche (Baumstämme) nicht allzu gleichmäßig nebeneinander stehen. Selbst, wenn es in der Natur tatsächlich so sein sollte, werde ich versuchen, etwas Unregelmäßigkeit darzustellen.

Jetzt lasse ich das Blatt gut trocknen.

Ich verwende dazu keinen Fön, da sonst die Maskierflüssigkeit klebrig werden kann und das Papier beim abrubbeln beschädigt wird. Wenn alles wirklich trocken ist, darf vorsichtig gerubbelt werden!

Mit dunkleren Mischungen aus Preußischblau und Siena gebrannt (einmal mehr ins Rötliche, dann wieder leicht ins Blaue gehend) male ich nun die vorderen Stämme. Dabei achte ich auch hier darauf, dass ich interessante Farbflächen, die sich beim Spritzen ergeben haben und ähnlich wie Blattmasse (Büschel) aussehen, nicht übermale sondern ausspare. Auch hier sollten die meisten Stämme durchbrochen sein - jedoch nicht zu gleichmäßig. Daher vermeide ich gleiche Abstände bei den Unterbrechungen.
Beachten Sie unbedingt die Licht- und Schattenseiten - die Sonne kommt von links!

Die weißen (freigelegten) Stellen spare ich vorerst aus.


Wenn diese Aufträge getrocknet sind, verwasche ich mit wässerigen Gelb- und Orangetönen die Übergänge zwischen der dunklen Stammfarbe und den weißen Bereichen. Fallweise sauge ich überschüssiges Wasser mit einem Papiertaschentuch ab.

Mit einem feineren Pinsel mit guter Spitze male ich nun einige dünne, durchbrochene Linien für entlaubtes Gestrüpp im Bodenbereich.

Ein "Linierer" ist ideal zum Anlegen dünnerer Äste, die sich wie ein filigranes Dach hoch über den Weg legen. Wenn ich diese Äste male, halte ich den Pinsel sehr, sehr locker (fiel mir auch schon einige Male aus der Hand) und relativ weit hinten. Nur so werden die Striche wirklich frei und nicht verkrampft.

Vermeiden Sie beim Nachmalen unbedingt gleichmäßig gebogene Äste - das sind typische Anfängerfehler. Äste und Zweige sind nur selten gerade, meist sind sie etwas knorrig - mit leichten Verdickungen an den Stellen, wo weitere Zweige abgehen.

Auch hier ist es nicht nötig, zu viele Äste und Zweige zu malen, das Auge des Betrachters "komplettiert" solche Bilder ganz von selbst.

Zum Schluss lege ich nun noch die Schlagschatten der Bäume über den Weg. Dazu mische ich Kobaltblau dunkel mit Preußischblau und wenig Siena gebrannt.


Dieser Farbauftrag muss zügig geschehen, mit möglichst wenigen Pinselstrichen. Die darunter liegende Farbe darf nicht angelöst werde - sonst werden das nur schmutzig-graue Striche.
Wenn Sie genau hinsehen, sehen Sie, dass die Schattenstriche leicht gewölbt, also dem Waldweg angepasst sind.

FERTIG!



Auch das war ein ganz einfaches Demonstrations-Beispiel mit einer sehr ungewöhnlichen Methode. Es ist immer wieder faszinierend, wie aus einem "farblichen Durcheinander"
nur durch Hinzufügen von Stämmen, Ästen und Schatten plötzlich ein Bild entsteht. Sie sollten das aber unbedingt selbst Schritt für Schritt versuchen - lesen alleine ist zu wenig....

Ich male diese Lektionsbilder nur, um die verschiedenen Schritte zu demonstrieren. Diese Übungen sollen jedem Nutzen bringen, egal ob man nun naturalistisch oder sehr frei malen möchte. Andererseits funktioniert das "freie, lockere Malen" meiner Meinung nach ohnehin erst dann, wenn man in der Lage ist, von der sog. "genauen" Malerei Unwesentliches wegzulassen oder zu vereinfachen.

Sie müssen sich nicht sklavisch an die von mir vorgegebenen Farben halten. Meine Farbvorschläge bringen jedoch garantiert stimmige Bilder, daher sind gerade Anfänger damit immer auf der sicheren Seite.
Verwenden Sie bei weiteren Übungen aber ruhig auch "Ihre" Farben. Wichtig dabei ist nur, dass das Ergebnis nicht zu bunt wird. Meist kommt man mit sehr wenigen Farben zu den besten Ergebnissen.....

Ich wünsche viel Erfolg und viel Spaß mit dieser Übung.


   
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